Umbau des ersten Cocoon Hotels: Baustelle mit tierischen Gästen

Das erste der Münchner Cocoon-Häuser wird elf Jahre nach Eröffnung umgebaut und um 57 Zimmer erweitert. Derzeit noch am Beginn der Bauphase kann sich Gründer Johannes Eckelmann bereits über 300 ungewöhnliche Dauerbewohner freuen.
Für manche ist es eine ganz normale Baustelle, die die Durchquerung der Münchner Lindwurmstraße derzeit beschwerlich macht. Für Johannes Eckelmann, Gründer der Cocoon-Hotels, ist das, was dort entsteht, eine Herzensangelegenheit.
Für andere ist es schon jetzt ein Zuhause: Dort, wo das neue zusätzliche Gebäude des „Cocoon 1“ entstehen soll, hat sich die zweitgrößte Weißrandfledermauskolonie Deutschlands mit 300 Exemplaren eingenistet. Beinahe hätten die Tiere die Erfüllung des Traums von Johannes Eckelmann zeitlich sehr verzögert: „Einen Baustopp während der Brutzeit konnten wir gerade noch abwenden, weil wir Kompensationsmaßnahmen ergriffen haben.“ Der Cocoon-Gründer musste einen Ersatzwohnraum in Form von Fledermauskästen schaffen und zusätzlich einen Betreuer für die 300 Tiere engagieren. Außerdem wird bald ein Gerüst aufgestellt, das den zukünftigen Baukörper simulieren wird, damit sich die Fledermäuse an das, was noch kommt, gewöhnen können.
Die tierischen Stammgäste können nun aus der Vogelperspektive beobachten, wie die Cocoon-Mutter Stück für Stück in neuem Glanz erstrahlt – und mit dem zusätzlichen Gebäude mehr als doppelt so viele Zimmer dazugewinnt. Hotel+Technik begleitet das Bauprojekt in einer Serie bis zur Eröffnung, die für Sommer 2020 geplant ist.

Von langer Hand geplant
Vor elf Jahren hat in der Lindwurmstraße 35, im Nachbargebäude der heutigen Baustelle, das erste Cocoon-Hotel eröffnet. „Ich war damals einer der ersten Privathoteliers im Budgetsegment. Einige Kollegen haben meine Entscheidung kritisch gesehen. Unterm Strich war es aber der richtige Weg“, ist Johannes Eckelmann überzeugt. Nachdem er 2012 und 2016 zwei weitere Häuser am Stachus und am Hauptbahnhof eröffnet hat, geht nun ein langgehegter Wunsch in Erfüllung: die Erweiterung der Cocoon-Mutter um ein neues Gebäude. Als Johannes Eckelmann 2007 die Immobilie in der Lindwurmstraße 35 für das erste Cocoon erworben hatte, kaufte er kurze Zeit später auch das Nachbarhaus, die Hausnummer 37. Schon damals plante der Hotelier, dass das „Cocoon 1“ einmal um ein Gebäude reicher werden soll, und traf entsprechende Vorkehrungen: „Damals habe ich kurzfristig die Pläne geändert, um die Möglichkeit eines Durchgangs zu schaffen, der beide Gebäude miteinander verbindet. Wäre das nicht passiert, hätten heute Zimmer umgebaut werden müssen, damit das funktioniert.“
Bis 2018 beheimatete das zusätzlich erworbene Gebäude Wohnungen und Büros. Die Entscheidung fiel nicht auf den Umbau des Bestands, sondern auf einen Neubau, der zwar teurer ist, aber mehr Potenzial birgt. „Damit schaffen wir mehr Platz und vergrößern uns um 2.700 Quadratmeter“, so Johannes Eckelmann. Das gelinge durch eine Aufstockung der Etagen und ein Rückgebäude mit Giebelaufsatz. Der zusätzliche Platz sei nötig, da die zwölf Wohnungen dort wieder entstehen müssen. „Das Wohnungsamt gibt Auflagen beispielsweise für die Größe der Bäder und Küchen. Die Wohnungen dürfen insgesamt nicht kleiner sein als vorher“, so Eckelmann. Im Erdgeschoss des Neubaus soll die Lobby ihren neuen Platz finden. Außerdem sind 43 Tiefgaragenplätze und 57 Zimmer geplant. Insgesamt wird die Cocoon-Mutter dann über 103 Zimmer statt bisher 46 verfügen.
Nachdem Anfang November 2018 das alte Wohngebäude abgerissen worden ist, wird derzeit der Keller gebaut. Dafür wurden an den Nachbarhäusern Bohrpfahlwände gesetzt, damit keine Absturzgefahr besteht. Generalunternehmer für das Projekt ist Dywidag. An den Planungsarbeiten beteiligt ist die Firma Sehlhoff. Der Neubau soll komplett fertiggestellt werden, bevor das Bestandsgebäude, die Heimat des ersten Cocoons, umgebaut wird. Im alten Gebäude soll das Erdgeschoss öffentliche Bereiche und die neue Küche beheimaten. Aus der einstigen Vorbereitungsküche wird eine Vollküche, um den Gästen mehr Speisen anbieten zu können. Außerdem ist ein kleiner Kiosk mit gesundem Essen „to go“ geplant.
Neubau und Bestandsgebäude werden über einem Gang miteinander verbunden. „Wir möchten aus zwei Gebäuden eine Erlebniswelt schaffen“, sagt der Cocoon-Gründer. Auch bezüglich der Energieversorgung sollen beide Häuser perspektivisch über den gleichen Anschluss verfügen. Im neuen Gebäude fiel die Entscheidung auf einen Fernwärmeanschluss. „Wir sparen dadurch Platz und laufende Kosten“, versichert Eckelmann. Das „alte“ Cocoon verfügt über einen Gasanschluss. Sobald dort größere Investitionen anstehen, soll das Haus an die Fernwärme angeschlossen werden.
„Das vierte Kind“
Einen Neubau zu planen und zu begleiten ist für Johannes Eckelmann eine Premiere. „Bisher wurden die Gebäude der Cocoons nur umgebaut. Der Neubau ist für mich eine neue Erfahrung. Es mussten viele Gutachten erstellt werden, zum Beispiel, weil die U-Bahn-Strecke unter dem Hotel verläuft. Als wir eine Pappel fällen wollten, die erst zwei Jahre zuvor gepflanzt worden ist, hat das die Naturschutzbehörde auf den Plan gerufen, was ein besonderes Genehmigungsverfahren nach sich zog“, erinnert er sich. Doch für Johannes Eckelmann lohnt sich der Aufwand, damit er bald weitere Gäste im neuen „alten“ Cocoon empfangen kann. „Ich bin da sehr emotional. Ich habe drei Kinder und meine Frau sagt immer, dass das Cocoon mein viertes ist. Da hat sie recht“, so der Gründer. Bis zur Eröffnung muss er sich aber noch gedulden. Für Juli ist die Fertigstellung des Kellers im Neubau geplant, danach soll pro Monat ein Stockwerk entstehen.
Da Neu- und Umbau im laufenden Betrieb realisiert werden, möchte Eckelmann den Aufenthalt seiner Gäste so angenehm wie möglich gestalten. Sie erhalten beim Check-in ein Welcome-Paket mit Ohrenstöpseln, einem energiespendenden Getränk, einem Müsliriegel und einem Erste-Hilfe-Set. Zudem liegt ein Informationskärtchen über das neue „alte“ Cocoon bei, inklusive eines Rabatts über 20 Prozent bei der nächsten Buchung.

Die tierischen Bewohner der Baustelle in der Lindwurmstraße 37 logieren gratis. Dennoch ist Johannes Eckelmann glücklich über die Fledermäuse: „Ich freue mich über diese ungewöhnlichen Gäste. Ich hoffe, dass sie sich abends zeigen und an der Terrasse vorbeifliegen. Anstatt einer Happy Hour könnten wir nach der Neueröffnung jeden Abend eine ‚Bat Hour‘ machen. Das wäre für unsere Gäste ein Erlebnis beim abendlichen Drink – vielleicht sogar bei einer Bloody Mary.“
Mareike Knewitz